Nicht nur in Deutschland wählen junge Männer eher rechts, junge Frauen links. Warum? Und ist das schlimm? Ein Interview mit der Geschlechterforscherin Alice Evans
Ich hatte einen riesigen Post verfasst mit dem ich mir sicher die Finger verbrannt hätte. Kurzform:
Die Pipeline nach rechts führt Männer vorbei an einem massiv unattraktiven Links, dass sie im vorbeigehen anschreit sie hätten hier nichts zu melden.
Wer weißer heterosexueller Mann im linken Spektrum in der Zeit zwischen 2010 und 2020 war, wird wissen wovon ich rede. Identitätspolitik ist eine liberale Nebelkerze um Infighting zu fördern und Klassensolidarität zu untergraben. Je schneller wir damit aufräumen, desto besser, aber was man meistens (wie hier) sieht, ist historischer Revisionismus und performative Ratlosigkeit, damit man sich nicht eingestehen muss Fehler gemacht zu haben.
Ich bin da skeptisch. Und weißt du warum? Einfach weil es überall die Tendenz gibt, “den Linken”, “den Grünen” oder “den Woken” die Schuld für den Aufstieg “der Rechten” in die Schuhe zu schieben. Ohne jetzt hier in diese Debatte einzusteigen, nehme ich einfach mal das Heizungsgesetz als Beispiel. Da wird dann gerne “den Grünen” vorgeworfen, sie hätten “einen strategischen Fehler” gemacht oder “falsch kommuniziert” und damit dann den Backlash verursacht.
Schaut man sich den Vorgang dann genauer an, wird hier quasi dem Opfer die Schuld zugeschoben: Am Ende hat entweder die SPD oder die FDP einen unfertigen Entwurf des Gesetzes an die BILD durchgestochen, welche daraus zusammen mit zig anderen konservativen und rechtsradikalen Medien eine harte Kampagne gemacht hat, welche jenseits sämtlicher Fakten war und wo dann selbst die BILD-Chefredaktion nach Wochen der Kampagne irgendwann intern feststellen musste, dass sie überhaupt nicht weiß, wie eine Wärmepumpe funktioniert.
Und so ähnlich klingt das auch hier: In einer Welt, in der rechtsradikale Milliardäre offen putschen und den Hitlergruß machen, in der ein US-Präsident einen Andrew Tate aus rumänischer Haft freipresst (!) brauchen wir nicht darüber diskutieren, ob “die Linken” Schuld daran sind, dass Max-Justus (18) jetzt AfD wählt.
Um es kurz zu fassen, wenn das was du geschrieben hast deine ehrlich erlebte Wahrnehmung in den letzten 10/15 Jahre war dann tut es mir leid, kann das aber in keiner Form bestätigen.
Ja, linke Kreise können anstrengend sein aber das sind alle Ansammlungen von Menschen. Ich habe in diesen Kreisen sehr vieles von Menschen aller Identitäten gelernt und bin auch deshalb als Person gewachsen.
Ich muss sagen ich find’s wild, dass Leute ihre politischen Überzeugungen daran festmachen, wie sympathisch die jeweilige Gruppe ihnen ist.
Klassenkampf bleibt ja trotzdem richtig, auch wenn die Klassenkämpfer mir stinken weil sie sich grade mit dem patriachat beschäftigen.
Meinetwegen hemmt das die politische Aktivität, aber wenn man deswegen rechts wird dann war man nie überzeugt links sondern hat einfach eine Peergroup gesucht
Klassenkampf bleibt ja trotzdem richtig, auch wenn die Klassenkämpfer mir stinken weil sie sich grade mit dem patriachat beschäftigen.
Das ist wahr wenn du schon ein ideologisch gefestigter Linker bist. Ich hab mich auch nicht nach rechts treiben lassen, sondern mir nur die Lust verderben lassen mich zu engagieren.
Aber es geht hier um junge Menschen, deren Weltbild sich immer noch herausbildet. Diese beobachten die Welt, erleben Dinge, manchmal unschöne Dinge und dann bieten ihnen Ideologien Erklärungsmodelle dafür an. Und wenn das rechte Erklärungsmodell dann halt “Gruppe X is an allem Schuld” ist und das linke Modell “du bist selbst an deinen und unseren Problemen schuld, und wir hassen dich dafür”, dann weißt du in welche Richtung die junge Person abbiegt. Das geht auch nicht plötzlich sondern festigt sich schrittweise.
Als linke Person versucht man ja eigentlich die Hintergründe zu verstehen warum eine Person geworden ist wie sie ist und die Dinge tut die sie tut, und versucht sie dort abzuholen (Beispiel: Migranten, Religiöse, Arbeiter), aber bei Männern ist es dann auf einmal “wenn die Rechts werden haben sie es nicht anders verdient, hätten halt links werden müssen, es ist nicht unsere Aufgabe die zu überzeugen”.
Das sind halt benachteiligte Gruppen. Gegenüber Reichen z.B. ist die Haltung ja ähnlich. Männer sind im patriachat halt privilegiert, und den privilegierten das ständig erklären zu müssen, dass sie mit ihrem Verhalten schaden anrichten ist halt auch anstrengend. Genauso wenig wie man das den reichen ständig geduldig erklärt, passiert das halt bei Männern.
Ja, nur dass Reiche in ihrem Privileg halt nicht doppelt so häufig obdachlos sind oder doppelt so hohe Suizidraten haben, usw. Und halt dass Reiche von linker Politik nicht genauso profitieren würden wie Männer. Genau diese Behandlung/Gleichsetzung von Männern als Klassenfeind ist es die ich hier anspreche. Das ist der Gehirnwurm der uns in diese Lage gebracht hat.
Aber gut. Du kannst dich entscheiden was dir wichtiger ist, diese Identitätspolitik, in der du lieber den moralischen Zeigefinger schwingen willst anstatt eine Erklärungsstrategie für das Patriarchat und Privilegien zu finden, die nicht so herablassend ist, oder eben junge Männer auf die eigene Seite zu ziehen. Aber ich sehe schon wofür du dich entscheidest. Nur dann hinterher nicht so tun als wüsstest du nicht wo es her kommt. Aber wirst du sowieso.
in der du lieber den moralischen Zeigefinger schwingen willst anstatt eine Erklärungsstrategie für das Patriarchat und Privilegien zu finden, die nicht so herablassend ist, oder eben junge Männer auf die eigene Seite zu ziehen
Ist halt schwierig die Privilegierten davon zu überzeugen ihre Privilegien aufzugeben wenn sie schon beleidigt sind, wenn man ihnen sagt, dass sie privilegiert sind.
Aber ich sehe schon wofür du dich entscheidest. Nur dann hinterher nicht so tun als wüsstest du nicht wo es her kommt. Aber wirst du sowieso.
Ist halt schwierig die Privilegierten davon zu überzeugen ihre Privilegien aufzugeben wenn sie schon beleidigt sind, wenn man ihnen sagt, dass sie privilegiert sind.
Skill-Issue.
Wenn das einzige Werkzeug ein Hammer ist, sieht jedes Problem wie ein Nagel aus. Und wenn Männern ihre Privilegien um die Ohren zu hauen um sie dazu bringen die Klappe zu halten die einzige Strategie ist, dann wirst du niemals jemanden überzeugen. Wenn das kein Problem für dich ist, dann mach nur weiter so. Wenn du gerne eine gute Zukunft möchtest und dass linke Politik erfolgreich ist, denk vielleicht nochmal drüber nach.
Ich hatte einen riesigen Post verfasst mit dem ich mir sicher die Finger verbrannt hätte. Kurzform:
Die Pipeline nach rechts führt Männer vorbei an einem massiv unattraktiven Links, dass sie im vorbeigehen anschreit sie hätten hier nichts zu melden.
Wer weißer heterosexueller Mann im linken Spektrum in der Zeit zwischen 2010 und 2020 war, wird wissen wovon ich rede. Identitätspolitik ist eine liberale Nebelkerze um Infighting zu fördern und Klassensolidarität zu untergraben. Je schneller wir damit aufräumen, desto besser, aber was man meistens (wie hier) sieht, ist historischer Revisionismus und performative Ratlosigkeit, damit man sich nicht eingestehen muss Fehler gemacht zu haben.
Ich bin da skeptisch. Und weißt du warum? Einfach weil es überall die Tendenz gibt, “den Linken”, “den Grünen” oder “den Woken” die Schuld für den Aufstieg “der Rechten” in die Schuhe zu schieben. Ohne jetzt hier in diese Debatte einzusteigen, nehme ich einfach mal das Heizungsgesetz als Beispiel. Da wird dann gerne “den Grünen” vorgeworfen, sie hätten “einen strategischen Fehler” gemacht oder “falsch kommuniziert” und damit dann den Backlash verursacht.
Schaut man sich den Vorgang dann genauer an, wird hier quasi dem Opfer die Schuld zugeschoben: Am Ende hat entweder die SPD oder die FDP einen unfertigen Entwurf des Gesetzes an die BILD durchgestochen, welche daraus zusammen mit zig anderen konservativen und rechtsradikalen Medien eine harte Kampagne gemacht hat, welche jenseits sämtlicher Fakten war und wo dann selbst die BILD-Chefredaktion nach Wochen der Kampagne irgendwann intern feststellen musste, dass sie überhaupt nicht weiß, wie eine Wärmepumpe funktioniert.
Und so ähnlich klingt das auch hier: In einer Welt, in der rechtsradikale Milliardäre offen putschen und den Hitlergruß machen, in der ein US-Präsident einen Andrew Tate aus rumänischer Haft freipresst (!) brauchen wir nicht darüber diskutieren, ob “die Linken” Schuld daran sind, dass Max-Justus (18) jetzt AfD wählt.
Um es kurz zu fassen, wenn das was du geschrieben hast deine ehrlich erlebte Wahrnehmung in den letzten 10/15 Jahre war dann tut es mir leid, kann das aber in keiner Form bestätigen. Ja, linke Kreise können anstrengend sein aber das sind alle Ansammlungen von Menschen. Ich habe in diesen Kreisen sehr vieles von Menschen aller Identitäten gelernt und bin auch deshalb als Person gewachsen.
Ich muss sagen ich find’s wild, dass Leute ihre politischen Überzeugungen daran festmachen, wie sympathisch die jeweilige Gruppe ihnen ist.
Klassenkampf bleibt ja trotzdem richtig, auch wenn die Klassenkämpfer mir stinken weil sie sich grade mit dem patriachat beschäftigen.
Meinetwegen hemmt das die politische Aktivität, aber wenn man deswegen rechts wird dann war man nie überzeugt links sondern hat einfach eine Peergroup gesucht
Das ist wahr wenn du schon ein ideologisch gefestigter Linker bist. Ich hab mich auch nicht nach rechts treiben lassen, sondern mir nur die Lust verderben lassen mich zu engagieren.
Aber es geht hier um junge Menschen, deren Weltbild sich immer noch herausbildet. Diese beobachten die Welt, erleben Dinge, manchmal unschöne Dinge und dann bieten ihnen Ideologien Erklärungsmodelle dafür an. Und wenn das rechte Erklärungsmodell dann halt “Gruppe X is an allem Schuld” ist und das linke Modell “du bist selbst an deinen und unseren Problemen schuld, und wir hassen dich dafür”, dann weißt du in welche Richtung die junge Person abbiegt. Das geht auch nicht plötzlich sondern festigt sich schrittweise.
Als linke Person versucht man ja eigentlich die Hintergründe zu verstehen warum eine Person geworden ist wie sie ist und die Dinge tut die sie tut, und versucht sie dort abzuholen (Beispiel: Migranten, Religiöse, Arbeiter), aber bei Männern ist es dann auf einmal “wenn die Rechts werden haben sie es nicht anders verdient, hätten halt links werden müssen, es ist nicht unsere Aufgabe die zu überzeugen”.
Das sind halt benachteiligte Gruppen. Gegenüber Reichen z.B. ist die Haltung ja ähnlich. Männer sind im patriachat halt privilegiert, und den privilegierten das ständig erklären zu müssen, dass sie mit ihrem Verhalten schaden anrichten ist halt auch anstrengend. Genauso wenig wie man das den reichen ständig geduldig erklärt, passiert das halt bei Männern.
Ja, nur dass Reiche in ihrem Privileg halt nicht doppelt so häufig obdachlos sind oder doppelt so hohe Suizidraten haben, usw. Und halt dass Reiche von linker Politik nicht genauso profitieren würden wie Männer. Genau diese Behandlung/Gleichsetzung von Männern als Klassenfeind ist es die ich hier anspreche. Das ist der Gehirnwurm der uns in diese Lage gebracht hat.
Aber gut. Du kannst dich entscheiden was dir wichtiger ist, diese Identitätspolitik, in der du lieber den moralischen Zeigefinger schwingen willst anstatt eine Erklärungsstrategie für das Patriarchat und Privilegien zu finden, die nicht so herablassend ist, oder eben junge Männer auf die eigene Seite zu ziehen. Aber ich sehe schon wofür du dich entscheidest. Nur dann hinterher nicht so tun als wüsstest du nicht wo es her kommt. Aber wirst du sowieso.
Ist halt schwierig die Privilegierten davon zu überzeugen ihre Privilegien aufzugeben wenn sie schon beleidigt sind, wenn man ihnen sagt, dass sie privilegiert sind.
Wer ist hier herablassend?
Skill-Issue.
Wenn das einzige Werkzeug ein Hammer ist, sieht jedes Problem wie ein Nagel aus. Und wenn Männern ihre Privilegien um die Ohren zu hauen um sie dazu bringen die Klappe zu halten die einzige Strategie ist, dann wirst du niemals jemanden überzeugen. Wenn das kein Problem für dich ist, dann mach nur weiter so. Wenn du gerne eine gute Zukunft möchtest und dass linke Politik erfolgreich ist, denk vielleicht nochmal drüber nach.
Wie erfolgreich ist linke Politik wenn man die privilegierten nicht auf ihre Privilegien ansprechen darf weil sie sonst beleidigt sind?