Ausgesprochen interessanter Spiegel-Online-Artikel (im Original hier hinter der Paywall). Der Artikel stützt sich auf eine Analyse des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) und geht der von Merz und anderen Rechten gerne vorgebrachten Behauptung nach, der deutsche Sozialstaat sei in den letzten Jahren unkontrolliert aufgebläht worden. Verwendet werden Daten der OECD und der EU zu den Sozialausgaben der letzten zwei Jahrzehnte.
Die Analyse zeigt, dass die öffentlichen Sozialausgaben in Deutschland zwischen 2002 und 2022 preisbereinigt um moderate 26 Prozent gestiegen sind. Im Vergleich zu anderen Industrieländern ist dieser Anstieg relativ gering. Deutschland gibt zwar einen etwas höheren Anteil seines BIP für soziale Sicherung aus als einige nordische Länder, liegt aber unter dem Niveau von Ländern wie den USA und den Niederlanden. Insgesamt stützen die Daten nicht die Behauptung eines unkontrollierten Wachstums. Vielmehr ist die Entwicklung in Deutschland im Trend ähnlich wie in anderen europäischen Ländern.
Es wird auch darauf hingewiesen, dass sich die Struktur und die Definitionen von Sozialprogrammen von Land zu Land unterscheiden können, was direkte Vergleiche erschwert.
Zusammengefasst:
Ein inflationsbereinigter Anstieg der Sozialausgaben von 2002 bis 2022 um 26%, was im internationalen Vergleich niedrig ist.
Insgesamt ein Anteil von Sozialausgaben (öffentlich (2022) und privat (2019)) an der Wirtschaftsleistung von 30,4%, damit im Vergleich auf Platz 6 von 16, hinter den USA.
Eine Staatsquote (Anteil öffentlicher Ausgaben an der Wirtschaftsleistung) 2023 i.H.v. 48,2%, auf Platz 8 von 21, auf vergleichbarem Niveau mit anderen EU-Staaten.
Dann ein Blick auf den Anteil staatlicher Beschäftigung (Stichwort ‘aufgeblähter Staatsdienst’). Deutschland liegt mit ca. 11% unter dem OECD-Durchschnitt von ca. 18%. Das Ergebnis ist jedoch mit Vorsicht zu genießen, da die unterschiedlichen Definitionen der Länder diesbezüglich die Vergleichbarkeit einschränkt.
abschließend das Fazit, dass von einem aufgeblähten Sozialstaat, zumindest die Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte betrachtet, nicht die Rede sein kann. Einschränkend jedoch die Aussage, dass eine andere Frage sei, wie nachhaltig dieser Sozialstaat in Anbetracht der demographischen Entwicklung für die nahe Zukunft aufgestellt ist.